Und was mache ich ohne Hebamme?

 

Bestürzt beobachte ich schon seit einiger Zeit, was in Deutschland mit den Hebammen passiert.


Als ich vor etwas mehr als 5 Jahren mein erstes Kind bekam, ging ich dafür in ein Krankenhaus. Es war Feiertag und es war keine Hebamme anwesend.

Man versicherte mir, dass sie bald kommt, was dann kurz vor den Presswehen auch der Fall war. Bis dahin war ich allein, ohne Hilfe, ohne Zuspruch. Ich hatte Glück. Sie war eine nette und einfühlsame Frau, welche mich gut durch die letzte Stunde der Geburt und durch das Wochenbett begleitete, die Chemie zwischen uns stimmte. Jedoch hätte es mich auch anders treffen können, worüber ich vor dieser Geburt gar nicht nachgedacht hatte - oh stopp, stimmt nicht.

 

 

Ich hatte darüber nachgedacht und beschlossen, Beleghebammen sind nur Chichi, völlig überflüssig. Ich hatte Glück. Ich bin durch die Geburt mit verhältnismäßig wenig Eingriffen von außen durchgekommen (nur ein unnötiger Zugang, ein unnötiger Wehentropf, unnötiger Kristeller Handgriff (inklusive unnötigem KISS), unnötiger Dammriss - aber das ist ja im Vergleich zu vielen anderen Geburten nicht besonders „aufregend"). Selbstbestimmt ist was anderes und es hätte auch anders ausgehen können. Wie gesagt, Glück gehabt.

Als ich dann mit meinem zweiten Kind schwanger wurde, war mir von Anfang an klar, dass ich dieses Risiko nicht noch einmal eingehen möchte. Beim ersten Kind weiß kaum eine Frau, was wirklich auf sie zu kommt. Es geht darum, in welchem Krankenhaus entbunden wird, selten darum, welche Hebamme dabei sein wird. Ich überließ es also nicht dem Schicksal und machte mich, vor inzwischen etwas mehr als 2 Jahren, auf die Suche nach einer geeigneten Hebamme.
Ich wusste zu dem Zeitpunkt noch nicht, wie ich entbinden wollte, mit einer Beleghebamme ambulant im Krankenhaus, oder vielleicht sogar doch zuhause?
Ich beschloss, mir eine Hebamme zu suchen, bei der beides möglich wäre. Damals war ich schon erschüttert, wie schwierig es war, eine Hebamme zu finden. Ich rief bei der Hebammenzentrale an, wo mir gesagt wurde, dass das heute kaum noch eine Hebamme macht, lohnt sich nicht. Sie gab mir dann aber einen Namen, wo ich es mal versuchen könne, sicher sei sie sich nicht. Mit ihr vereinbarte ich bald darauf einen Termin. Wir waren uns direkt sehr sympathisch und ich freute mich, eine gute Begleiterin gefunden zu haben. Leider sagte sie mir sehr bald, dass sie nicht die benötigte Haftpflichtversicherung für eine Hausgeburt habe, das war das erste mal, dass ich mit dieser Problematik direkt konfrontiert wurde. Ich war sehr traurig, begab mich dann aber weiter auf die Suche und traf dann auf meine zweite Hebamme. (Es gibt ja Gegenden, da ist es wesentlich schwieriger als hier...)

Sie begleitete mich durch die Schwangerschaft, hörte zu (wo der Frauenarzt keine Zeit hatte), half mir wirklich. Und das allerwichtigste, sie ermöglichte mir eine wundervolle Geburtserfahrung in den heimischen vier Wänden! Sie war da. Sie unterstützte mich, sie ließ mich mein Kind auf meine Art und Weise gebären, ohne zu stören, zu intervenieren.

Dieses Erlebnis hat mich so nachhaltig verändert, dass ich ihr auf ewig dafür dankbar sein werde!!!!!
Nach der Geburt war sie 8 Wochen - und darüber hinaus, für mich da.

Vor wenigen Wochen erfuhr ich, dass sie ab sofort nicht mehr als freiberufliche Hebamme arbeitet. Sie ist nun fest im Krankenhaus angestellt, weil sie unter anderem die Versicherungsbeiträge nicht mehr stemmen wollte.
Das hat mich so tief getroffen, dass es mich nicht mehr los ließ seit dem.

Wir haben mit der Familienplanung noch nicht abgeschlossen. Ich möchte gerne noch mindestens ein weiteres Kind.
Vor drei Tagen kam dann die erschütternde Nachricht, dass ab Juli 2015 alle freiberuflichen Hebammen ihrem Beruf/Berufung nicht mehr nachgehen können, weil der letzte Versicherer aus dem Geschäft aussteigt. Mehr Infos zum aktuellen Stand findet ihr hier, oder bei facebook.

Das ist eine furchtbare Tragödie, deren weitreichenden Folgen noch gar nicht absehbar sind. Die Politik ist gefragt, dort Lösungen zu finden.
Doch was ist, wenn das alles so gewollt ist? Wenn Frauen nur noch im Krankenhaus mit einem Arzt entbinden sollen, ohne bekannte Hebamme, ohne Vorsorge bei der Hebamme, usw.?
Es geht wie immer ums Geld.

Aber was bedeutet das für die ganzen Hebammen, für ihre Familien?
Was bedeutet das für uns Frauen?

Ich muss sagen, ich fühle mich wirklich in meiner Freiheit bedroht.
Ich werde kein Kind mehr im Krankenhaus bekommen, das ist mir zu gefährlich. Das mache ich nicht mit.


Meine Hebamme meinte während der letzten Schwangerschaft mal scherzhaft zu mir, mein nächste Kind bekomme ich dann ganz alleine, ohne Hebamme.

Wird es darauf hinauslaufen? Alleingeburt?

Ganz ehrlich, ich habe Angst!

 

 

 

 

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Kommentare: 6
  • #1

    Lisa (Montag, 17 Februar 2014 12:55)

    Das weitere Problem ist ja auch das selbst Hebammen die im KH angestellt sind sich zusätzlich versichern müssen. Was also wenn sich kein neuer Versicherer finden lässt? Dann dürfen doch die Hebammen im KH auch nicht mehr arbeiten. Gleichzeitig sagt das Gesetz aber das ein Arzt die Geburt nicht alleine machen darf sondern eine Hebammen anwesend sein muss. Sollen alle Frauen in Zukunft ihre Kinder alleine zur Welt bringen? Was für ein Teufelskreis...

  • #2

    Montilly (Montag, 17 Februar 2014 14:07)

    Ja, es ist wirklich irre. Das kann doch so nicht gewünscht sein!!!!

  • #3

    Mario Grunert (Montag, 17 Februar 2014 21:06)

    1. Und ihre Hebamme, mit der sie ja zufrieden waren verliert durch einen Festvertrag mit dem Krankenhaus automatisch ihre Qualifikation ? Werden die beim Dienstantritt lobotomiert ? Was spricht gegen eine Geburt unter der Leitung der selben Hebamme - im Krankenhaus eben, mit einer Patientenverfügung das der Arzt nur eingreifen darf wenn sie das Bewusstsein verlieren.

    2. Müssen zwar angestellte Hebammen versichert sein, aber tragen tut der Arbeitgeber (Klinik) die Kosten - man muss schon sehr fahrlässig handeln das ein Gericht den Dienstherrn aus seiner Haftung befreit.

    3. Der Staat ist für seine Bürger verantwortlich, zumindest ist es verständlich das er die Geburt im Krankenhaus fördert, Gefühlsduseleien sind ihm egal. Das Problem ist das schlechte Erfahrungen mit Ärzten gleich breitgetreten werden - mal ehrlich wieviel 'schlechte' Erfahrungen wurden von Müttern gemacht die innerhalb eines Radiuses von 500m von Ihnen wohnen ?

    4. Am Zusammenbruch sind sicher auch hunderte Eltern Schuld die Anwälte aufgehetzt haben nach Kunstfehlern zu suchen oder welche zu konstruieren - eine Haftpflicht haftet für Schäden die fahrlässig oder unfahrlässig von der versicherten Person VERURSACHT wurden, also soll der Hebammenverband doch mal die Fälle sauber aufarbeiten lassen.
    Die Versicherer wollen Geld verdienen - der Markt würfelt einen fairen Preis aus - 5000 Euro für eine mit 3 Mio angenommene Schadensumme bedeutet bei einem Verwaltungsaufschlag von sagen wir mal 20% immer noch das hier 1 von 800 Geburten durch Hebammen zu einer Schwerbehinderung führten.

    5. Wenn Krankenhäuser ohne Hebammen nicht arbeiten können, haben die Hebammen doch im Streik die besten Chancen, das tut erstmal einigen Eltern weh - aber wie heisst es lieber ein Ende mit Schrecken ...

    6. Was hindert Hebammen nach einer gewissen Zeit Medizin zu studieren, sozusagen Praxis und Theorie zu vervollkommnen ?

  • #4

    Maria (Montag, 17 Februar 2014 21:26)

    Genau so geht es mir auch... :(

  • #5

    Montilly (Montag, 17 Februar 2014 21:43)

    @Mario:
    zu 1.): Nein, ich werde nicht noch einmal im Kh entbinden. Das habe ich einmal getan, mache ich nicht noch mal. Meine Hebamme arbeitet dort nun ganz normal im Schichtdienst, es wäre also ein Glücksfall, wenn sie dann im richtigen Moment auch da wäre. Sie ist natürlich weiterhin qualifiziert.

    zu 2.): Grade in kleineren Kh sind die Hebammen aber -nicht- ausreichend über das Haus versichert und -müssen- sich zusätzlich versichern.

    zu 3.): Es hat nichts mit Gefühlsduselei zu tun. Geburten im Kh sind nicht sicherer, es ist sogar so, dass im Kh mehr schlimme Sachen passieren, weil eingegriffen wird. Ich kenne -sehr- viele schlimme Geschichten aus meinem Umfeld (und meine eigenen Erfahrungen hab ich ja auch noch), keine davon ist zuhause passiert.

    zu 4.) und was soll das nun aussagen? Das Hebammen per se schlecht sind? Für mich bleibt die Frage, ob es überhaupt möglich ist, eine Schwerbehinderung mit Gegenwert zu beziffern. Geburt an sich beinhaltet ein Risiko, welches Hebammen durch ihre wunderbare Arbeit zu verkleinern versuchen. In anderen Ländern, wo zu Geburten keine Hebammen mehr hinzugezogen werden müssen, sind die Säuglings- und Müttersterblichkeit höher als hier...

    zu 5.) okay, mag eine Idee sein. Aber was ist mit den Müttern? Ich denke "weh tun" ist da nicht der richtige Ausdruck...

    zu 6.) glaubst du wirklich, Hebammen sind nicht genügend ausgebildet?

  • #6

    Vera (Dienstag, 18 Februar 2014 09:41)

    Ach Simone, du sprichst mir aus der Seele (nur kannst du es auch in Worte fassen ;) )
    Meine (Geburts)geschichte ist ja ähnlich wie deine und auch ich habe mir Gedanken darüber gemacht wie es bei einem 3. Kind sein wird.
    Eine Alleingeburt ist nicht das was ich will, zumindest nicht ohne das Wissen, dass meine Hebamme in Kürze da sein wird (bei P war sie ja auch nur knapp 10 MInuten hier)

    Ich möchte einfach weiterhin die Wahl haben wo ich mein Kind zur Welt bringe und ich möchte vor allem auch, dass meine Töchter diese Wahl noch haben wenn es bei ihnen so weit ist.

    Mir macht das ganze eine wahnsinnige Angst wenn ich ehrlich bin :(

    @ Mario Grunert
    Hebammen sind doch schon jetzt DIE Fachfrauen für Schwangerschaft und Geburt, wozu da ein Medizinstudium welches dieses Thema nur neben vielen anderen behandelt?

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